Tiergestützte Therapie
„Jede Beziehung zwischen einem Tier und einem Menschen ist eine einzigartige Brücke, gebaut, um nur diese beiden zu tragen. Deshalb muss sie auch von ihnen selbst erschaffen werden.“ (Suzanne Clothier)
Seit einigen Jahren widmen wir uns nun der Förderung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Besonderheiten. Im Zuge der Entwicklung sehen wir den rapiden Zuwachs des Medienkonsums, die Anforderung und Anpassung von Leistung und die Erwartungshaltung von Angepasstheit. Die Beziehung und Bindung unter den Menschen nimmt immer mehr digitale Form an. Das Erleben der Natur gerät leider immer mehr in den Hintergrund. Wenn Kinder früher unbeschwert nach der Schule auf der Straße mit anderen Kindern den ganzen Tag gespielt haben bis zum Abendessen, zeigt sich heute ein anderes Bild. Medien ersetzen direkte Kontakte und das Erlebnis auf dem Bauernhof nennt sich Minecraft oder Landwirtschaftssimulator. Natürlich hat der digitale Wandel auch seine Vorzüge und wir möchten auf viele Dinge gar nicht verzichten. Jedoch ist es uns wichtig, dass wir als Therapiezentrum beide Möglichkeiten für unsere KlientInnen zu Verfügung stellen und ein Lernen und Fördern mit allen Sinnen anbieten können. Wir möchten unsere eigene Kindheit ein wenig in das hier und jetzt mit integrieren.
Tiere spielen seit Jahrtausenden eine wichtige Rolle im Leben des Menschen. Sie nehmen dabei verschiedene Rollen wie die des Schutztieres, des Nutztieres oder des Haustieres ein. Seit einigen Jahren haben Tiere zudem Verwendung in der therapeutischen oder pädagogischen Arbeit und werden als Vermittler, Heiler oder auch als Begleiter eingesetzt. Menschen fällt es oft leichter sich einem Tier zuzuwenden und sich diesen zu öffnen als einem anderen Menschen. Denn das Tier steht dem Menschen in seinem Ganzen im Gegensatz zum Menschen neutral gegenüber und hat keine Erwartungen an den Menschen. Dabei dienen die verschiedenen Tiere als direkter Spiegel der Menschen. So hat der Aspekt der Ganzheitlichkeit eine besondere Bedeutung, sodass die individuelle Förderung über das Medium Tier im Mittelpunkt steht. Daher bietet die tiergestützte Therapie für Autismus sowie die tiergestützte Therapie für Heilpädagogik gute Möglichkeiten die Kinder und Jugendlichen ganzheitlich zu fördern.
Tiergestützte Heilpädagogische Einzelförderung
Die Tiergestützte Therapie für Heilpädagogik hat das Ziel die Persönlichkeitsentwicklung in den Bereichen Motorik, Wahrnehmung, Lernen, Befindlichkeit und Verhalten zu fördern. Wir begleiten, fördern und unterstützen Kinder und Jugendliche, deren Entwicklung sich nicht altersgerecht gestaltet oder die von Beeinträchtigung bedroht sind. Unsere KlientInnen werden entsprechend ihres Alters und Entwicklungsstandes spielerisch in der gesamten Entwicklung gefördert und begleitet. Die Methodik geht über eine Symptomorientierung hinaus und richtet sich an die Gesamtpersönlichkeit des Kindes. Die tiergestützte Therapie ist umfassend, individuell, ganzheitlich und ressourcenorientiert. Sie bezieht die ganze Familie und das soziale Umfeld der KlientInnen mit ein. Ziel der heilpädagogischen Förderung ist es, den KlientInnen eine Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, zu fördern und / oder wiederherzustellen. Dadurch soll eine (drohende) Behinderung verhindert, abgemildert bzw. abgewendet werden. Wir fördern das Kind entsprechend seines Entwicklungsstandes. Wir holen in der Therapie mit Tieren es dort ab, wo es mit seinen Besonderheiten steht.
Settings
Der erlebnispädagogisch-therapeutische Bauernhof der Heilpädagogischen Praxis und Förderzentrum für Autismustherapie Vanessa Gottschling bietet verschiedene Settings für Kinder und Jugendliche an. Im Regelfall findet einmal wöchentlich ein Termin zur Einzelförderung / -therapie statt und da es keine festen Schließzeiten gibt, findet die Maßnahme durchgängig das ganze Jahr über statt. Dies gilt sowohl für die tiergestützte Therapie für Autismus sowie die tiergestützte Therapie für Heilpädagogik.
Im Regelfall sind mehrere Fachkräfte parallel mit ihren jeweiligen KlientInnen am Bauernhof und arbeiten gemeinsam an Projekten. Somit bietet sich in der Therapie mit Tieren immer die Möglichkeit mit Gleichaltrigen an sozialen Kompetenzen zu arbeiten. Das positive Erleben und Verstehen sozialer Situationen bildet das Gerüst für das soziale Lernen. Dies lässt sich am Hof in der Therapie mit Tieren sowie erlebnispädagogisch orientierten Arbeit gut umsetzen. Da alle KlientInnen weiterhin ihre jeweiligen BezugstherapeutInnen haben, gibt es ebenfalls jederzeit die Möglichkeit sich zurückzuziehen, um in geschütztem Rahmen bspw. gesprächstherapeutisch zu arbeiten. Es kann auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen eingegangen werden und die verschiedenen Tierarten in die tiergestützte Therapie eingebracht werden. Das Medium Tier ermöglicht ein Setting, welches zur Eigenaktivität anregt, viele psychomotorische Erfahrungen in den Bereichen Körper-/ Selbst-/ Material- und Sozialerfahrungen eröffnet und den Aufbau eines positiven Selbstkonzeptes fördert. Im Sinne einer Förderung der Selbstständigkeit legen die KlientInnen im Schulalter das letzte Stück des Weges eigenständig zurück. Dies wird von den TherapeutInnen eng begleitet und mit den KlientInnen eingeübt. Die KlientInnen werden am Hof von ihren TherapeutInnen in Empfang genommen und gemeinsam wird der Ablauf der heutigen Therapie- / Fördereinheit besprochen. Neben den regelmäßigen Aufgaben (bspw. Heu auffüllen) und Aktivitäten (bspw. Pferd putzen & reiten), steht die projektbezogene Arbeit im Vordergrund.
Tiergestützte Autismustherapie
Die Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gehört zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen und beinhaltet eine große Variation von Ausprägungsgraden. Es wird davon ausgegangen, dass Tiere für Menschen mit ASS interessant sind und auch positiv auf diese einwirken können. Tiere steigern das Selbstvertrauen, schulen den Umgang mit Grenzen und vermitteln durch ihr sanftes Wesen Ruhe und Geborgenheit, sodass tiergestützte Therapie stressreduzierend wirken kann.
Die tiergestützte Therapie für Autismus beinhaltet eine ganzheitliche Entwicklungsförderung sowie, wenn notwendig, eine Verhaltenstherapie, welche verschiedene sozialpädagogische, heilpädagogische und verhaltenstherapeutische Methoden innehat. So werden feste Rituale in den Aufenthalt auf dem Bauernhof und die Therapie mit Tieren eingebaut und der TEACCH-Ansatz genutzt. Der TEACCH-Ansatz beinhaltet eine räumliche und zeitliche Strukturierungshilfe in Form von Piktogrammen sowie die bestimmte Gestaltung des (Arbeits-)Materials. Aufgrund der besonderen Informationsverarbeitung können Menschen mit ASS von TEAACH-Ansätzen profitieren. So werden das Sicherheitsgefühl und das Einlassen auf neue Situationen gefördert.
Elternberatung und Umfeldarbeit
Eine enge Zusammenarbeit mit Eltern und Bezugspersonen ist unerlässlich. Durch die Teilhabebeeinträchtigung ist nicht nur das Leben im Alltag beeinträchtigt, sondern diese stellt Eltern oftmals vor große Herausforderungen. Eltern und Bezugspersonen fühlen sich häufig unsicher oder gar ratlos, wie sie mit den aufkommenden Schwierigkeiten ihrer Kinder umgehen sollen. Hierbei ist es wichtig den Eltern die Stärken des Kindes zu vermitteln, damit nicht nur das Gefühl der Überforderung und Belastung im Vordergrund steht. Es ist wichtig, dass Eltern und Bezugspersonen auch das Positive in ihrem Kind sehen können. In den Elterngesprächen sind, neben dem Aufzeigen der Stärken und Bedürfnisse, auch die Entwicklung des Kindes, Beratung in schwierigen Situationen (Aufbau eines funktionalen Erziehungsverhaltens), Aufklärungsarbeit, Hilfestellung bei weiteren notwendigen Maßnahmen für das Kind (z.B. Beantragung eines Pflegegrades) sowie die Unterstützung bei der Einschulung und allen anderen schulbezogenen Dingen, wesentliche Themen.
Die Umfeldarbeit ist ebenfalls ein Teil unserer Arbeit. Kreisweit arbeiten wir mit unterschiedlichsten Institutionen zusammen. Es finden regelmäßige Hilfeplangespräche/Kooperationsgespräche sowie sonstige „runden Tische“ statt. Diese sind notwendig, um die notwendigen Hilfen unserer KlientInnen eng zu begleiten, weitere Hilfebedarfe herauszufinden und sich im System der Förderung bedarfsgerecht auszutauschen.